Kaschtanka: und andere Kindergeschichten (Kinderbücher)Gebundene Ausgabe
Kaschtanka und andere Kindergeschichten sind eigentlich gar keine Kindergeschichten. Es sind Geschichten für Erwachsene, die Kinder mögen und Cechov lieben, und es sind Geschichten für alle, die etwas über Kinder erfahren wollen. Denn was man in den psychologisch fein gesponnenen und teils sehr witzigen Erzählungen wie Grischa, Etwas mit Pferd, Die Köchin heiratet oder Der Dicke und der Dünne über Kinderseelen (und über Tierseelen!) lernt, ist wirklich ganz erstaunlich. Natürlich ist Kaschtanka und andere Kindergeschichten für echte Cechov-Fans von der Textbasis her nicht wirklich neu. Gerade die Titelgeschichte über die glücklich endende Odyssee einer sympathischen Promenadenmischung aus dem Erzählungsband Die Steppe wurde schon mehrfach gesondert publiziert, auch als Bilderbuch für Kinder ab fünf Jahren. Aber selbst die einfühlsamen Illustrationen von Gennadij Spirin in dem Band des Esslinger Verlags kommen nicht an das heran, was Tatjana Hauptmann da an Kongenialem gezaubert hat. Da sieht man Kaschtanka einsam -- und nur von einem Kind beobachtet -- zwischen den Beinen der hin- und herhuschenden Erwachsenen hervorlugen, andernorts wild hingestrichelt über die Seiten hecheln oder wie hypnotisiert vor dem Ganter eines Zirkusdompteurs parieren. Da sieht man eine Kinderschar am Küchentisch in sturmfreier Bude aufgeregt über Abenteuern brüten. Und da sieht man einen Mann mit Zahnschmerz so komisch vor der Spritze des Arztes flüchten, dass in dieser einen Zeichnung der Sinn der ganzen Erzählung steckt. Das ist großartig und lohnt schon ganz allein den Kauf. Und wieder einmal machen Auswahl und Übersetzung von Peter Urban die Sache richtig rund. So sollte man sich Kaschtanka und andere Kindergeschichten unbedingt kaufen, selbst, wenn man keine Kinder hat. Wer aber welche hat, der sollte das Buch vielleicht doch am Nachwuchs testen. Vielleicht hat der Rezensent ja Unrecht. Das würde ihn freuen. --Stefan Kellerer
|