Die letzte Liebe des PräsidentenGebundene Ausgabe
Maja Wladimirownas Mann war tödlich verunglückt. Sein Herz jedoch schlug jetzt im Körper des mächtigsten Manes der Ukraine weiter. Ein hoher Preis für Sergej Stepanowitsch, hat sich die trauernde Witwe doch vertraglich ausbedungen, stets in der Nähe des geliebten Gattenherzen sein zu dürfen, eine Tatsache, die man dem Präsidenten leider erst nach der Verpflanzung mitteilte. Nur ein Problem mehr in der krisengeschüttelten Ukraine im Mai 2015!. Andrej Kurkow hat in hin- und herhüpfenden Kapiteln, die den Zeitraum von 1975 bis 2016 abdecken, das ukrainische Tagebuch eines Aufsteigers geschaffen. Sergej Stepanowitsch, aus schlichten Verhältnissen stammend, hatte schon früh ein Händchen für hilfreiche Steigbügelhalter. Heute bekleidet der 50-Jährige das höchste Amt. Ein brisanter Posten. Etliche seiner Vorgänger saßen längst im Knast, im Parlament hauste die Intrige. Privat war Sergej das Glück weniger hold. Die erste Ehe hatte nur bis zur Totgeburt eines Kindes gehalten, bei der Krankheit von Swetlana, seiner zweiten Frau, hatten selbst die besten Schweizer Ärzte nicht helfen können. Der ukrainische Präsident war, bis auf sporadische Liebschaften, ein einsamer Mann. Den Alltag im Post-Sowjetreich schildert Kurkow als einzige Politgroteske. Gnadenlos komisch, die Riege internationaler Staatsmänner, darunter der US-Präsident, die anlässlich der 400-Jahrfeier der Romanow-Dynastie den grausigen Brauch des Eisschwimmens über sich ergehen lassen muss (an einem Januartag des Jahres 2013, wohlgemerkt!) Die künstlichen Kaviar- und Wodkaverpflegungs-inselchen konnten allein Präsident Putins(!) kaltes Herz erwärmen. Wir gewahren tiefe Einblicke in die russische Seele, diese Melange aus bärenfreundlicher Wodkaseligkeit und dem tief verwurzelten Hang zur Konspiration, die für Sergej eine ständige Bedrohung darstellt. Mal schwermütiges, mal brüllend bizarres Bild der neuen Ukraine, in der eine freie Marktwirtschaft tobt, die nur neue Oligarchen geschaffen hat. Heute halten Ölmilliardäre die Politik am Gängelband (aktuelle Beispiele von milliardenschweren Fussballclubbesitzern und steinreichen Strafgefangenen kommen in den Sinn). Unübersehbar auch, die Anspielungen auf den derzeitigen ukrainischen Präsidenten und seine politischen Verfolger. Auch Kurkows Held mit dem zweiten Herzen hat noch einen steinigen politischen Weg vor sich. Schließlich winkt auch unerwartetes privates Glück. --Ravi Unger
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