Einer, der nichts merkteRobert Walser
Gebundene Ausgabe
Das Vermögen verloren, den Schirm vergessen, Schuhe ohne Sohlen, die Zigarre von den Lippen weggestohlen. "Man lachte ihn allenthalben aus, aber er merkte nichts davon. Seine Frau ging mit wem sie Lust hatte, Binggeli merkte nichts davon. Er ließ immer seinen Kopf hängen, ohne jedoch zu studieren.". 32 Seiten lang ist Binggeli einer, der nichts merkt; der auf nichts achtet; dem alles sozusagen schnuppe ist. Der zweifache Vater, der ebenso gern etwa Liechti geheißen haben würde, ignoriert Harmloses wie Unangenehmes, Unglaubliches wie Grausames. Um am Ende gänzlich ohne Kopf dazustehen. Oder auch nicht?. Robert Walser (1878-1956), einer der wichtigsten Deutschschweizer Schriftsteller des Übergangs zur Moderne, erzählt ein durchweg schauriges Märchen. Als Meister der literarischen Kleinform beginnt er freilich nicht mit "Es war einmal". Sein Text startet extravagant mit "Vor kurzer oder langer Zeit". Die Botschaft aus 1917 bleibt nach wie vor aktuell. Gedankenlos und leer zu sein, kann ganz schön gefährlich werden. Die Künstlerin Käthi Bhend, in Olten geboren, interpretiert Binggelis seltsam unberührendes Schicksal in einer aufwändigen Original-Flachdruck-Grafik. Ihre Illustrationen sind mehr als Bebilderung, sie gestalten. Durch den versöhnlich heiteren Blick entschärfen sie das Trist-Makabere und machen die Prosa des schwierigen Autors auch Kindern zugänglich. Der Atlantis-Verlag empfiehlt Einer, der nichts merkte, von dem jede Ausgabe ein farbliches Unikat ist, ab 6 Jahren. --Fanni Wolf
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