Algerien. Zwischen Traum und Alptraum.Sabine Kebir
Taschenbuch
Sabine Kebir lebte von 1977 an über zehn Jahre lang mir ihrem Mann, einem Algerier, in dessen Heimatland. In dieser Zeit lebte und arbeitete sie nicht nur in Algier, sondern lernte das ganze Land und seine Gesellschaft in all seinen Facetten kennen. In 13 Artikeln erörtert die Autorin hier alle relevanten Bereiche wie Politik, Geschichte, Gesellschaft, Wirtschaft und Glaube, die notwendig sind, um sich ein umfassendes und sachliches Bild von so einem krisengebeutelten Land wie Algerien zu machen. Wie viele Länder mußte sich Algerien nach der Erlangung der Unabhängigkeit von Frankreich 1962 erst auf den Weg zu seiner eigenen Identität machen. So erlebte das Land in den sechziger und siebziger Jahren eine enorme Aufbruchstimmung und ansteigenden Wohlstand durch den florierenden Ölhandel. Doch Industrialisierung und Modernisierung gerieten ins Stocken, wodurch der Islamismus eine immer wichtigere Rolle spielte. Die Beobachtungen der Autorin enden im Jahre 1994. Drei Jahre nach dem Wahlsieg der Islamisten und dem Zeitpunkt, an dem sich die blutigen Kämpfe zwischen Demokraten und Islamisten entzünden sollten. Durch alle Aufsätze zieht sich ein Aspekt wie ein roter Faden hindurch: Die Position der Frau in der algerischen Gesellschaft. So berichtet Sabine Kebir von einer Mozabiten-Stadt, in der die Frauen von den Männern dazu angehalten werden, kaum ihr Haus zu verlassen, genauso wie von den kämpferischen Partisaninnen, die für ihr Land kämpfen und sterben wollten und natürlich auch von den modernen Frauen, die für ihre Rechte und ihre Träume von Emanzipation auf die Straße gehen. Mit ihrem Buch Algerien. Zwischen Traum und Alptraum war es das Anliegen der Autorin, Mythen über die Dritte Welt abzubauen und differenziertere Standpunkte im Gegensatz zum gängigen Feindbild des Islamismus zu fördern. Sabine Kebir porträtiert sachlich und mit fundiertem Wissen ein Land mit großem Facettenreichtum: Verschiedene kulturelle Einflüsse, unterschiedliche Auslegungen der Religion und vielfältige Lebensarten zeigen, daß für engstirnige, allgemeingültige Auslegungen kein Platz ist. --Susanne Sohlau
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