Die Sinfonie der Wale. Mein Leben mit den Riesen der MeereAlexandra Morton
Taschenbuch
Irgendwann in den 1960er-Jahren muss es gewesen sein. Da wurden die ersten Orcas in US-amerikanischen Meeresparks einem großen Publikum vorgestellt. Das war von den imposanten Meeressäugern begeistert. Es folgte der Bau von Sea World in San Diego und weiteren Ablegern in Ohio, Texas und Florida. Den Höhepunkt der Wal-Euphorie markieren dann die Erfolgfilme Free Willy. Doch die tollen Kunststücke der riesigen Tiere sind nur die eine Seite der Medaille. Die Kehrseite ist jedoch meist traurig und Alexandra Morton zeigt sie schonungslos auf. Doch sie weist nicht nur auf die katastrophalen Zustände der Riesensäuger in ihren betonierten Gefängnissen hin, sondern auch auf die Probleme der Tiere in freier Wildbahn. Sie muss es wissen, denn was Jane Goodall bei den Schimpansen ist, ist Morton für Orcas und Delfine: eine Koryphäe auf ihrem Gebiet. Seit über 25 Jahren beobachtet sie an der Westküste Kanadas das Verhalten und vor allem die Sprache von Walen. Mit ihren liebevollen und unglaublich fundierten Erzählungen sowie dem eingeschobenen Farbbilderteil öffnet die Sinfonie der Wale dem Leser somit die Augen -- und gleichzeitig die Herzen -- für eine der intelligentesten Kreaturen auf der Erde. Bei all der Bewunderung und Liebe, die Morton vermittelt, lässt sich die Wehmut und Wut dennoch nicht überlesen. Schließlich muss die Vollblut-Wissenschaftlerin auch den stufenweisen Untergang der Meeresriesen dokumentieren. Verseuchtes Wasser, hormonverseuchte Lachsfarmen, zunehmende Kultivierung -- all das setzt den Walen nämlich extrem zu. Doch in dem romanartigen Buch geht es auch darum, was ihr als Mensch zusetzt, etwa der tragische Tod ihres Mannes. Für ihre Kinder empfindet sie vielleicht umso größere Empfindungen. Und so entpuppt sich die Sinfonie der Wale als ein abwechslungsreiches Konzert, in der sich Dur und Moll in unterschiedlichsten Passagen vereinen. --Christian Haas
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