"Schnurzel felidae, fast erleuchtet": Die Biografie eines Katers, von ihm selbst erzähltChristiane Rieger
Gebundene Ausgabe
Leseprobe: Seit einigen Stunden schnarche ich auf Frauchens Bauch, doch plötzlich schüttelt sie mich gähnend herunter. Diesen Umstand quittiere ich mit herzzerreißendem Gequietsche, also geht es wieder zurück auf den Arm. Warum nicht gleich so! Demütige Dankbarkeit demonstrierend lecke ich ihre Hand. Das wirkt hervorragend, denn sie streichelt mich. Zufrieden mit meiner Strategie schlafe ich wieder ein, werde aber nach einer Weile wieder auf den Boden bugsiert. Frauchens Schritte bewegen sich Richtung Schlafzimmer, also wusle ich zwischen ihren Beinen herum, um auch ja nicht verloren zu gehen. Dort angekommen, schlüpft sie gähnend und genussvoll seufzend in ihr Bett. Ihr Bett? Und was ist bitteschön mit mir? Haste mich vergessen? Ich staune zum Bett empor, bin noch zu klein, als dass ich diese Schlafstatt hüpfend erobern könnte. Das Licht geht aus, mein Gemaunze geht an. Kurze Pause, das Licht geht an, dafür mein Gewimmer wieder aus! Frauchen beugt sich herunter, streichelt mich, legt sich zurück in die wonneverheißende Behaglichkeit. Das Licht geht aus - mein Maunzen wieder an. Es klappt fast zeitgleich! Erfolg wie oben. Es folgen etliche Wiederholungen: 'an - aus, an - aus' nur dass jetzt meine Blicke immer kläglicher werden. Kleinkindhafte Mimik, ebensolche Gestik, dazu Klagelaute: Die Wirkung bleibt nicht aus: Frauchen zerfließt in Mitleid. Sie sitzt auf dem Bettrand, hält mir von dort oben einen Vortrag darüber, dass Tiere nicht ins Bett gehören. Ich nicke gehorsam und finde im Moment, das ich doch überhaupt gar kein Tier sei. Ich will nur in diese behagliche Umgebung hinauf, mag nicht alleine sein! Frauchen lässt sich breitschlagen, sie schmilzt wie Butter in der Sonne, es geht schneller als erwartet! Stöhnend nimmt sie mich hoch, erklärt aber gleichzeitig, hier sei ein pädagogischer Ausnahmezustand entstanden, welcher nur für diese heutige Nacht gelte. ...
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