Pentagramm oder Drudenfuß

Pentagramm oder Drudenfuß
Der Holzschnitzer verkaufte seine Werke mit geheimnisvollen Symbolen. Ein Pentagramm oder Drudenfuß ist ein fünfstrahliger Stern, der besonders harmonisch wirkt, da sich seine Linien immer wieder nach der Regel des Goldenen Schnitts teilen. Das Pentagramm ist von Alters her das Symbol des Planeten und der Göttin Venus. Die Kirche setzte die fünf Spitzen in Beziehung zu den fünf Wundmalen Jesu und verwendete das Zeichen in der Kirchenarchitektur, wodurch es über die Dombauhütten auch zu den Freimaurern gelangte. Dort ist es ein Symbol des Geistes, der Vernunft, rechtes Maß und Wahrheit sucht. Die fünf Spitzen beziehen sich auf die Tugenden Klugheit, Gerechtigkeit, Stärke, Mäßigkeit und Fleiß.

Besonders wenn das Pentagramm wie hier von einem Kreis eingeschlossen ist, bezeichnet man es als Pentakel und benützt es als Amulett für magische Beschwörungen. Im Aberglauben und Okkultismus wird es als Schutzzeichen gegen die Druden, nächtliche Spukgeister, verwendet. Sie hinterlassen angeblich Fußabdrücke mit dieser Form, deshalb der Name Drudenfuß. In die gleiche Kategorie fallen die Alben, Naturgeister ähnlich der Elfen oder Elben. Ein Pentagramm an einem Balken im Schlafzimmer über dem Bett verhindert Albträume oder Alb-Drücken, womit die Alben die Menschen des Nachts quälen. Bei Goethe hindert Dr. Faust den Mephisto am Verlassen des Zimmers durch einen Drudenfuß auf seiner Türschwelle.

Erst im Okkultismus des 19. Jahrhunderts wird das Pentagramm mit dem okkulten Satanismus in Verbindung gebracht. Stellt man es nämlich auf eine Spitze, zeigen zwei Strahlen nach oben wie Hörner. Die zwei darunter sind die Ohren und der untere Strahl der Bart. Auch wenn damit eigentlich die Ziege des Sabbats gemeint ist, kann man darin durchaus auch  Satan sehen. Ende des 20. Jahrhunderts erreichte es Bekanntheit als Siegel des Baphomet und Symbol für das Böse.

Die Schrift um den Rand bedeutet Leviathan (Leviatan), die Bezeichnung für ein Seeungeheuer, das auch in der Bibel erwähnt ist:
Das Pentagramm als Siegel des Baphomet

Das Pentagramm hat auch die Mathematik schon einmal durcheinandergebracht:

Der griechische Philosoph Pythagoras soll um 500 vor Christus einmal gesagt haben: »Alles ist Zahl!« Im Verhältnis von Zahlen zueinander sah er die Harmonie der Welt. Je einfacher das Zahlenverhältnis, um so größer die Harmonie, wie in der musikalischen Harmonielehre: Je einfacher das Frequenzverhältnis zwischen zwei Tönen ist, um so harmonischer klingen sie.

Seine Nachfolger, die Pythagoräer, erweiterten seine Überlegungen in die Mathematik und waren entsetzt, als sie Zahlen fanden, die sich mit den Mitteln der damaligen Zeit nicht genau darstellen ließen. Sie nannten sie deshalb Irrationale Zahlen. Der  griechische Mathematiker Euklid fand sogar einen mathematischen Beweis für ihre Existenz.

Eine solche Irrationale Zahl steckt auch in einem Pentagramm: Nimmt man die Länge einer der beiden Strecken a oder b mit einer ganzen Zahl an (also z.B. 2 oder 10), kann man die andere Strecke nicht genau in einer Zahl ausdrücken. Ebenso verhält es sich mit den Strecken c und d. Mit der Zeit fand man viele weitere Irrationale Zahlen. Sowohl das Streckenverhältnis des Goldenen Schnitts als auch das Seitenverhältnis unserer allgegenwärtigen DIN-A4-Blätter gehören dazu. Das Wurzelzeichen kannten die Pythagoreer noch nicht, es ist erst seit ca. 500 Jahren üblich. An Zahlen wie √2 oder π finden wir heute nichts mystisches mehr. Etwas geheimnisvoll sind sie aber trotzdem, und wir nennen sie immer noch irrational.
Irrationale Zahlen im Pentagramm
Manche behaupten, dass Pythagoras noch lebte, als die irrationalen Zahlen entdeckt wurden. Das tragische an der Geschichte ist, dass diese ausgerechnet im Symbol der Pythagoräer, dem Pentagramm, und mit dem Satz des Pythagoras gefunden wurden: Sind beide Katheten in einem rechtwinkligen Dreieck z.B. 1 m lang, beträgt die Länge der Hypotenuse eben ausgerechnet unsere irrationale Zahl √2 m. Rechnen Sie's nach:
c² = a² + b²;
c² = 1² + 1²;
c² = 1 + 1;
c² = 2;
c = √2;
Das Ganze funktioniert natürlich auch, wenn a und b unterschiedlich lang sind, wie in der Abbildung rechts.

Nach einer Legende soll Pythagoras den Entdecker im Meer ertränkt haben, weil der seine Zahlen-Harmonie zum Einsturz gebracht hatte.
Satz des Pythagoras
Selbst im 19. Jahrhundert unserer Zeitrechnung gab es einen bedeutenden Mathematiker, der die Existenz der irrationalen Zahlen abstitt: Leopold Kronecker soll gesagt haben: »Die ganzen Zahlen schuf der liebe Gott, alles übrige ist Menschenwerk.« Mit "ganzen Zahlen" meinte er natürlich nicht die Menge der Natürlichen Zahlen, sondern die der Rationalen Zahlen, da auch eine Kommazahl letztlich aus einem Bruch mit ganzen Zahlen besteht. Wer's genau nimmt, sollte übrigens lieber "nicht rational" sagen, da "irrational" oft auch mit übernatürlich oder verrückt gleichgesetzt wird, was natürlich nicht gemeint ist. Die moderne Mathematik entfernt sich allerdings noch viel weiter von der Anschaulichkeit, wie zum Beispiel mit den Imaginären Zahlen oder den Komplexen Zahlen, oder noch ganz anderen Dingen, die ich nicht mal im Ansatz verstehe. Vielleicht Hexenwerk?