Liebe usw. RomanJulian Barnes
Gebundene Ausgabe
Machen Sie sich gefasst auf einen Schwall von Anklagen, geschönten Versionen, Indiskretionen und Bestechungsversuchen, mit dem Sie von den drei Personen, zwei Männern und einer Frau, von nun an zugeschüttet werden. Ihre Rolle, lieber Leser, wechselt vom Zuhörer zum Therapeuten und Richter -- und an Ihnen liegt es, die Einzelgespräche, die Sie führen (einige Nebenfiguren kommen später hinzu), zu einem sinnvollen Puzzle anzuordnen. Anschließend werden Sie Einiges über das "usw." in Erfahrung gebracht haben!. Zum ersten Mal begegneten uns die drei Streithähne in Julian Barnes 1991 erschienem Roman Darüber reden. Wir erinnern uns: Stuart und Gillian waren verheiratet, bevor Stuarts überspannter Freund Oliver, ein verhinderter Künstler, sie ihm ausspannte und ehelichte. Nun, nach zehn Jahren, ist Stu, der damals nach Amerika floh und dort als Gründer einer Ökoladenkette ein Vermögen machte, über den Verlust von Gil aber nie recht hinwegkam, nach England zurückgekehrt. Die Wiedersehensfreude auf Olivers und Gillians Seite fällt naturgemäß recht gemischt aus. Was Barnes lakonisch wegwerfend als Liebe usw. bezeichnet, wird hier ganz schnell zur Hauptsache. Die Rollenprosa, anfänglich eine etwas anstrengende Leseerfahrung, macht bald höllischen Spaß. Die Lebensphilosophie des Trios, ihre Finten und gegenseitigen Attacken, nötigen uns ständig, unser Urteil zu revidieren. Gilt unsere Verachtung anfänglich eindeutig dem Versager Oliver, der sein Scheitern und seine Lebenslüge unter einer Lackschicht lächerlich gestelzter Phrasen zu kaschieren versucht, so entpuppt sich Stuarts zupackende Art, seine Redlichkeit und Hilfsbereitschaft den beiden gegenüber, bald als widerlich gönnerhaft. Um den Platz in Gils Herzen beginnt bald ein subtiler Kampf der Hähne. Selbst die bodenständige Gillian kriegt ihr Fett weg. Ihre uneingeschränkte Solidarität mit dem großspurigen Oliver bekommt sehr bald Risse, und das Hemd des Ex scheint ihr begehrlicher als die Hose des Ehemannes. Ein großartiges Werk. Monologe, so komisch wie grausam -- Einsichten, so absurd wie tiefsinnig -- brillant beobachtet und sehr britisch! --Ravi Unger
|