Traum aus Stein und Federn: RomanGebundene Ausgabe
Die Menschen in der versunkenen Stadt im Südwesten Anatoliens haben sich oft gefragt, warum Ibrahim den Verstand verlor. Dabei ist die Lösung für Iskander ganz einfach. Für ihn steht fest, dass Ibrahim aus Liebe den Verstand verlor, aus nichts als Liebe. Die anderen wurden irr vor Hass, damals, im Krieg gegen die Griechen etwa. Oder bei anderen Kriegen, in denen plötzlich so merkwürdige Völker wie ?die Deutschen? oder ?die Franzosen? erschienen und von merkwürdigen Ländern wie ?England? die Rede war, ?das ohne unser Wissen die halbe Welt beherrscht?. Aber Ibrahim, soviel steht fest, verlor den Verstand aus lauter Liebe. Iskander ist der Töpfer im Roman von Louis de Bernières (Corellis Mandoline), eine seiner vielen Stimmen. In Großbritannien stand er lange auf Platz 1 der Bestsellerlisten, und das ganz zu recht. Denn Bernières entwirft darin einen ebenso bunten wie bezaubernden Mikrokosmos, in dem Menschen aller Nationalitäten und Religionen im 19. Jahrhundert friedlich zusammen leben konnten, bis die Idylle im Wahnsinn der Geschichte allmählich zerbrach. Da gibt es Liebe, Hass und Freundschaft, Leben und Sterben, Freude und Verzweiflung, und das in einer Intensität und sprachlichen Meisterschaft, die den -- im Übrigen blendend übersetzten -- Traum aus Stein und Federn zu einem der großen Highlights des Jahres 2005 machen. ?Selbst wenn die Schuld ein Pelzmantel wäre und die Erde läge unter dickem Schnee?, heißt es in Bernières großartigem Roman, ?ich würde lieber erfrieren, als diesen Mantel anzuziehen?. Wer denkt, schon dieser Satz sei an Poesie nicht mehr zu überbieten, der lese sich durch das ganze, fast 700 Seiten starke Buch. Da wird er dann auf jeder Seite gleich tausendfach überrascht. -- Isa Gerck
|