Pornoland. Im Hollywood der LustfabrikenGebundene Ausgabe
Natürlich haben wir es schon immer gewusst: Das Pornogeschäft ist schmutzig. Das meinen nicht nur die, die ihren moralischen Zeigefinger in die fleischliche Wunde legen: Immerhin ist viel Geld im Spiel, ganz im Gegensatz zu der vor laufender Kamera zur Schau gestellten Lust oder gar wahren Emotion. So gesehen wirken die Worte, mit denen der Knesebeck Verlag PornoLand des italienischen Fotografen Stefano de Luigi anzupreisen sucht, etwas überflüssig. Natürlich hat Luigi "Unlust, Kälte und Emotionslosigkeit" entdeckt, als er "hinter die Kulissen der Lustfabriken" in Tokio, Los Angeles, Budapest oder Dortmund blicken durfte. Nicht das macht diesen umwerfenden Fotoband so interessant. Spannend ist der Blick Luigis selbst, der die kalte Welt des Pornbizz in unnachahmlicher Manier in faszinierende, großkörnig-verschwommene und situativ hintergründige Bilder bannt: Porno-Queens, die in der Drehpause ihre Babys stillen, oder Männer, die routiniert versuchen, ihre Männlichkeit bei der Stange zu halten; auf ihren Einsatz vor der Kamera wartende Männergruppen; vergessene, in depressivem Blau ausgeleuchtete Aufblaspuppen im Gynäkologenstuhl; oder Nackte, um die sich nach der Aufnahme niemand (außer Luigi) mehr zu kümmern scheint. Eigentlich hätte man da auch auf den klugen Text des britischen Schriftstellers Martin Amis verzichten können, der PornoLand beigegeben ist. Denn, wie gesagt: Wie schmutzig das Pornogeschäft ist, haben wir ja immer schon gewusst. Aber wie durch die sezierende Linse Luigis haben wir diese Gewissheit wohl noch nie gesehen. --Thomas Köster
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