Slowakei: Vom Mittelalter bis zur Gegenwart (Ost- und Südosteuropa / Geschichte der Länder und Völker)Roland Schönfeld
Taschenbuch
Dieses Buch handelt von der Slowakei. Nicht von Slowenien, nicht von Slawonien. Hiermit ist schon vieles gesagt: Die Slowakei steht nicht gerade im Brennpunkt des internationalen Interesses. Mehr noch: Die wenigen internationalen Schlagzeilen, die das kleine Land zuletzt für sich verbuchen konnte, veranlassten die meisten Beobachter dazu, den Blick schnell wieder abzuwenden. Die Slowakei, da war man sich einig, trug die Schuld am Zerfall der Tschechoslowakei 1992/1993. Bei der NATO-Osterweiterung unberücksichtigt, zählt sie derzeit auch im Rahmen der EU-Beitrittsverhandlungen nicht zu den heißesten Kandidaten; die autoritären Tendenzen der bis 1998 amtierenden Meciar-Regierung trugen schließlich dazu bei, dass der Slowakei lange Zeit das Image des mitteleuropäischen Schmuddelkindes anhaftete. Sind die Slowaken hoffnungslose Nationalisten? Warum haben sie den gemeinsamen Staat der Tschechen und Slowaken zerstört? Beide Fragen sind falsch gestellt. Obwohl Roland Schönfeld einen Bogen vom 6. Jahrhundert bis in die Gegenwart spannt, liegt der Schwerpunkt der Darstellung auf den Jahren 1918-1989. Sehr zugute kommt dem Buch hierbei, dass Schönfeld sich nicht auf die Ereignisgeschichte beschränkt. Die jüngste Entwicklung und die aktuelle Situation der Slowakei kann nur begreifen, wer auch der Wirtschafts- und Sozialgeschichte gebührende Aufmerksamkeit schenkt. Sehr konkret schildert Schönfeld, dass die Tschecho-Slowakei aus slowakischer Perspektive bereits seit ihrer Gründung 1918 mehrere Geburtsfehler in sich trug. Nachdem diese bis 1993 durch das ideologische Konstrukt zunächst der "tschechoslowakischen Nation" und später des Kommunismus übertüncht worden waren, begehrten die Slowaken nach der "Samtenen Revolution" 1989 vor allem gegen die von tschechischer Seite geplanten ökonomischen Reformen auf, die die Struktur und die Bedürfnisse der slowakischen Wirtschaft einmal mehr ignorierten. Die seit der Unabhängigkeit massiven Probleme beim Aufbau eines demokratischen politischen Systems, die international vielkritisierte Politik gegenüber der ungarischen Minderheit, aber auch Exkurse über die slowakische Sprachgeschichte, Literatur und Kunst sowie eine Zeittafel, mehrere Karten und Fotos -- dieses Buch ist sehr lesenswert. Auch wenn Sie nicht zu denen gehören, die die Slowakei mit Slowenien verwechseln. --Anneke Hudalla
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